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Nachhaltige Druckerei: So rüsten Sie ihre Druckerei um.

Thomas Masselink • Apr. 18, 2024
Foto Schreibmaschine mit eingespanntem Blatt und Text: Grüne Druckerei
  • Inhalt

    • Warum alle Druckereien grün drucken sollten.

    • Nachhaltige Druckerei. So schaffen Sie die Umrüstung.

      - Diese Zertifizierungen und Standards müssen Sie kennen.

          - Von Kopf bis Fuß auf Umwelt eingestellt  - Der Blaue Engel

              - Keine (!) Druckerei ist nach dem Blauen Engel zertifiziert.

          - Gegen Mythen helfen nur Fakten. – Diese Zertifikate sind gängig:

      - Verwende nachhaltige Materialien und Techniken

          - Einen Versuch wert: Papier ohne Holzanteil

          - Druckplatten ohne Entwickler-Chemie

          - Druckereien sind Recycling-Champions

      - Wie vermarkte ich meine nachhaltige Druckerei erfolgreich? 

          - Formulieren Sie ihre Nachhaltigkeitsstrategie 

          - Betroffene mitnehmen

      - Wenn es so einfach wäre – Herausforderungen und Hindernisse.

      - Einfach machen! - Umrüstung konkret.

    • Fazit: Darum sollten Sie jetzt loslegen

Nachhaltigkeit ist zu einem Schlagwort in vielen Branchen geworden, aber wie steht es um Druckereien? Können sie wirklich grüner und umweltfreundlicher arbeiten? Die Antwort ist ja! Nachhaltige Druckereien setzen neue Maßstäbe in der Branche und zeigen, dass es möglich ist, qualitativ hochwertige Druckprodukte herzustellen, und die Umwelt dennoch weniger zu belasten.



Warum alle Druckereien grün drucken sollten.


Der Trend geht zur Digitalisierung und zu mehr Nachhaltigkeit. Beides sind Entwicklungen, die klassischen Druckereien nicht gerade in die Karten spielen. Dabei könnten sie vom Nachhaltigkeitstrend profitieren.

In der Öffentlichkeit werden Digitalisierung und Nachhaltigkeit oft in einen Topf geworfen: Große Handelsketten sparen gedruckte Prospekte angeblich aus Nachhaltigkeitsgründen ein. Statt über gedruckte Prospekte sollen sich Kunden über eine App informieren, was heute im Sonderangebot ist. Dabei wird völlig vernachlässigt, wie wenig nachhaltig der Betrieb von Apps und Rechenzentren ist.

Gegen solche Sparmaßnahmen können Druckereien nur mit erwiesener Nachhaltigkeit argumentieren.

Deshalb sollten Druckereiverantwortliche schnellstens dem Trend folgen und die eigene Druckerei möglichst nachhaltig aufstellen. Nachhaltige Druckereien bieten eine Vielzahl von Vorteilen, sowohl für die Umwelt als auch für die Unternehmen selbst.



Nachhaltige Druckerei. So schaffen Sie die Umrüstung.


Natürlich lässt sich ein Produktionsbetrieb nicht auf Knopfdruck auf Nachhaltigkeit umstellen. Das ist ein Prozess, der Zeit braucht und auch Geld – dazu kommen wir noch – und der sich auf ganz unterschiedlichen Ebenen vollzieht.



Diese Zertifizierungen und Standards müssen Sie kennen.


Ja, richtig. Es gibt eine Vielzahl von Zertifikaten – und wenn Sie 99 Zertifikate haben, dauert es nicht lange, bis der erste Kunde nach dem hundertsten fragt, das sie gerade noch nicht haben.

Genau deshalb sollten Sie sich mit Zertifikaten auskennen, auch wenn Sie nicht vorhaben, sie alle zu erwerben.


Von Kopf bis Fuß auf Umwelt eingestellt - Der Blaue Engel.


Fangen wir mit dem vermutlich bekanntesten Umweltzertifikat an: Der Blaue Engel. Nein, nicht der mit Marlene Dietrich von 1930, sondern das Umweltzertifikat der Bundesregierung von 1978. Offiziell das „Umweltzeichen nach DIN EN ISO 14024 in Trägerschaft des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit“. Es gibt ihn tatsächlich schon über 40 Jahre. Die ersten Druckprodukte mit dem Blauen Engel waren Schreibblöcke aus grauem „Umweltschutzpapier“. Die sind dafür verantwortlich, dass viele Verbraucher heute noch glauben, Recyclingpapier sei grau oder braun – jedenfalls nicht richtig weiß.


Keine (!) Druckerei ist nach dem Blauen Engel zertifiziert.


Haben Sie schon mal von Druckereien gehört, die „den Blauen Engel“ haben? Ja, aber das geht gar nicht. Nach dem Blauen Engel werden nämlich nicht Betriebe zertifiziert, sondern nur Produkte. Sie können sich zum Beispiel für die Produktion von Visitenkarten nach dem Verfahren Blauer Engel zertifizieren lassen, obwohl Sie fast nur Kataloge drucken. Der Blaue Engel gilt nur für das zertifizierte Produkt. Er wird nur vergeben, wenn das zertifizierte Verfahren für das Produkt genau eingehalten ist. Zu dem zertifizierten Verfahren gehören das Druckverfahren selbst, das zertifizierte Papier, die festgelegte Druckfarbe und viele andere Kriterien. Der Blaue Engel bestätigt, dass diese Druckerei dieses bestimmte Produkt in dieser besonderen Spezifikation drucken kann. Hat die Druckerei das auch getan, darf das Produkt das Zertifikat führen. Wenn also Kunden fragen, ob eine Druckerei nach dem Blauen Engel zertifiziert sei, sollten sie unbedingt auch fragen, für welches Produkt denn.


Gegen Mythen helfen nur Fakten. – Diese Zertifikate sind gängig:


Fangen wir mit klassischen Druckerei-Zertifizierungen an. Prozess-Standard Offsetdruck (ISO 12647) und Prozess-Standard Digitaldruck (ISO/TS 15311-2 bzw. ISO/TS 15311-3). Die haben nichts mit Nachhaltigkeit zu tun? Doch, denn am wenigstens nachhaltig ist die Drucksache, die wegen Mängeln zweimal gedruckt wird. Um das zu verhindern, helfen alle Zertifizierungen zur Prozess- und Qualitätssicherung, auch die klassische DIN ISO 9001:2015.


Nachhaltige Produktion fängt damit an, die eigenen Abläufe im Griff zu haben. Wer seine Abläufe dokumentiert hat, hat es auch bei anderen Zertifizierungen leichter. FSC® und PEFC ® sind Label zur Identifizierung von Produktketten auf Holzbasis. Sie dokumentieren eine ökologische Waldbewirtschaftung. Genau wie klimaneutrales Drucken (Kompensation von Co²-Ausstoss) sind sie in der Druckbranche sehr verbreitet.


DIN EN ISO 14001:2015 (Umweltmanagementsysteme) und DIN ISO 50001 (betriebliches Energiemanagement) sowie das EU Ecolabel (Produkte und Dienstleistungen mit geringeren Umweltauswirkungen) sind Umweltzertifizierungen, die nicht nur für Druckereien gelten. Aber sie können gerade für Druckereien äußerst sinnvoll sein.


EMAS ist ein anspruchsvolles Öko-Audit-System der Europäischen Union. Es beinhaltet automatisch das Umweltmanagementsystem DIN EN ISO 14001:2015. Wenn Sie mit einem der beiden Zertifikate liebäugeln, sollten Sie überlegen, gleich beide zu bekommen.

Einen Überblick über diese und weitere Umweltzertifikate gibt es bei den Verbänden Druck und Medien unter www.umweltbewusstgedruckt.de


Verwenden Sie nachhaltige Materialien und Techniken.


Landläufige Meinung ist: Druckereien bedrucken hauptsächlich Papier. Papier wird aus Holz gemacht. Also ist drucken nicht nachhaltig. Irrtum! Allen anderslautenden Gerüchten zum Trotz ist Papier eines der nachhaltigsten Materialien. Hergestellt aus nachwachsenden Rohstoffen werden grafische Papiere in Deutschland zu 84% recycelt – und damit selbst wieder zum Rohstoff.


Für Papier werden keine Bäume gefällt. Vielmehr ist ein Hauptbestandteil der Papierherstellung Altpapier. Als nötige Frischfaser wird Holz aus Sägewerksabfällen verwendet oder Durchforstungsholz. Durchforstungsholz sind schwächere Bäume, die aus engen Baumbeständen herausgesägt werden, damit die kräftigeren besser wachsen können. Ein ganz normaler Prozess jeder Waldbewirtschaftung. Papier ist ein Produkt nachhaltiger Waldbewirtschaftung.


Ein Versuch wert: Papier ohne Holzanteil


Trotzdem gibt es inzwischen auch Papiere, deren Frischfaser nicht mehr aus Holz gewonnen wird, sondern aus Gras oder aus Hanf. Diese Papiere haben Industriestandard erreicht, sind aber am Markt noch nicht zu einem Massenprodukt geworden. Sie sind nicht für jedes Produkt empfehlenswert - und meistens etwas teurer, aber Sie sollten sie kennen. Einen Versuch sind sie Wert.


Druckplatten ohne Entwickler-Chemie


Auch bei Farben, Schmierstoffen, bei der Energie (Stichwort Ökostrom) haben Druckereien viele Möglichkeiten eher nachhaltige Produkte zu verwenden.


Große Fortschritte gibt es bei Druckplatten. Prozessfreie Druckplatten sind qualitativ hochwertig und benötigen keine Entwicklerchemie mehr. Außerdem verbrauchen sie erheblich weniger Wasser durch den Wegfall des Entwicklungsprozesses.


Wer größere Baumaßnahmen vorhat (oder nicht scheut), muss über Photovoltaik nachdenken, Wärmerückgewinnung, zentrale Druckluftversorgung. Es gibt viele technische Möglichkeiten, über die Sie sich gründlich informieren sollten.


Druckereien sind Recycling-Champions


Während die meisten Maßnahmen Geld kosten, ist Recycling etwas, das Geld bringt. Alte Druckplatten, Altpapier, Folien, Umreifungsbänder, Holz, Metall – nahezu alles wird heutzutage recycelt – da sind Druckereien Vorreiter. Prüfen Sie in ihrem Unternehmen, ob Sie da noch etwas nachzuholen haben.


Wie vermarkte ich meine nachhaltige Druckerei erfolgreich?


Nachhaltigkeit ist für die Umwelt von Vorteil – keine Frage, aber sie kostet Geld. Viele Kunden wollen zwar die Nachhaltigkeit, aber nicht alle wollen die Mehrkosten tragen. Trotzdem führt kein Weg am Thema Nachhaltigkeit vorbei.


Als Druckereiverantwortliche müssen wir Druckprodukte lieben. Wer Druckprodukte liebt, hat ein Interesse daran, sie gesamtgesellschaftlich zu erhalten. Deshalb müssen wir dem Mythos, digitale Anwendungen seien nachhaltiger, entgegentreten. Das ist für unsere Branche und für unsere Unternehmen existenziell.


Die gute Vermarktung einer gelebten Nachhaltigkeit ist daher unabdingbar. Frei nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ sollten Sie ihre Investitionen nicht im stillen Kämmerlein tätigen und hoffen, dass sie sich rumsprechen. Gehen Sie aktiv auf Ihre Kunden zu. Besuchen Sie ihre Kunden (bitte keine E-Mail schreiben!) und fragen Sie sie, wie wichtig ihnen Nachhaltigkeit ist. Was verstehen sie unter Nachhaltigkeit? Fragen Sie ihre Kunden auch, was sie bereit sind, dafür zu bezahlen.


Formulieren Sie ihre Nachhaltigkeitsstrategie


Entwickeln Sie für ihr Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie und schreiben Sie sie auf. Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit? Was kann ihr Unternehmen dazu beitragen? Auch: Was kann es nicht leisten und warum nicht. Welche Schritte wollen Sie sofort, in naher Zukunft oder später in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Entwickeln Sie eine Zeitachse. Publizieren Sie Ihre Nachhaltigkeitsstrategie in Fachzeitschriften, in einer eigenen kleinen Broschüre und gegebenenfalls in einem eigenen Nachhaltigkeitsbericht.


Betroffene mitnehmen


Vermarkten Sie das Thema auch nach innen. Greenwashing ist einer der Hauptvorwürfe in der Nachhaltigkeitsdiskussion. Davor schützen auch keine Zertifikate (siehe oben. Thema: Blauer Engel). Deshalb verankern Sie das Thema in Ihrem Unternehmen und in der Belegschaft. Nachhaltigkeit ist mehr, als nur Umweltschutz. Beteiligen Sie ihre Mitarbeitenden an Ihren Überlegungen und Planungen.


Zeigen Sie ihren Kunden, Ihren Mitarbeitenden und den Menschen, die Sie für Ihre Firma gewinnen wollen, dass Sie ein modernes Unternehmen sind, das auf gesellschaftliche Trends reagiert und „enkelfähig“ ist. Enkelfähig? Ja, so aufgestellt, dass es im Sinne der nachfolgenden Generationen handelt.


Wenn es so einfach wäre – Herausforderungen und Hindernisse.


Schöne neue Welt. – Als nachhaltige Druckerei fliegen uns die Kunden nicht zu. Der Weg zur nachhaltigen Druckerei ist außerdem voller Herausforderungen und Hindernisse. Nachhaltige Materialien und Technologien sind meistens teurer als herkömmliche. Trotzdem müssen die Verkaufspreise wettbewerbsfähig bleiben.


Neben Investitionen in Technik und Material sind Investitionen in die Schulung von Mitarbeitenden nötig. Gerade die Beschäftigten in der Technik und im Verkauf sind entscheidend für den Erfolg. Die Umstellung zur nachhaltigen Druckerei muss gemacht werden, aber sie muss eben auch mitgetragen und mitverkauft werden. Kunden fordern oftmals Umweltzertifikate und nachhaltige Materialien, aber wenn der Preis dafür aufgerufen wird, ist das Thema plötzlich weniger wichtig. Trotzdem fordert der Markt Nachhaltigkeit ein. Auch wenn nicht jedes Produkt wirklich nachhaltig ist, soll es wenigstens so aussehen. Und dafür ist es gut, wenn die Druckerei möglichst viele Pluspunkte auf der Schauseite hat.


Lassen Sie sich davon nicht abhalten. Liefern Sie ab. Das Thema Nachhaltigkeit wird sich durchsetzen.



Einfach machen! - Umrüstung konkret.


Machen Sie sich einen Plan:

  • Was von den genannten Dingen tun Sie bereits?
    Was wird jetzt schon recycelt? Welche Zertifikate (z.B. PSO) haben Sie schon.? Welche umweltfreundlichen, nachhaltigen Techniken setzen Sie bereits ein?
  • Was können Sie Sinnvolles mit wenig Aufwand hinzufügen?
    Kunden über Graspapier und Hanfpapier aufklären kostet kein Geld. Sie können weitere Zertifikate, die für die Produktion sinnvoll sind, hinzunehmen.
    Geplante Investitionen zukünftig auf Nachhaltigkeit prüfen und ggf. ergänzen/ersetzen.
  • Welche Maßnahmen sind zwar derzeit nicht vorgesehen, wären aber aus ihrer Sicht wünschenswert oder sinnvoll?
    Eine eigene Stromerzeugung durch Photovoltaik? – Bis wann oder unter welchen Umständen können Sie sich das vorstellen?
  • Binden Sie ihre Mitarbeitenden mit ein:
    Was können die sich vorstellen?
    Welche praktikablen Ideen kann die Belegschaft beisteuern?
    Wie wichtig finden ihre Leute das Thema?
  • Binden Sie ihre Kunden mit ein:
    Erzählen Sie ihnen von ihren Plänen.
    Fragen Sie nach deren Meinung.
  • Machen Sie einen Plan: Was haben wir? Was wollen wir? Was machen wir bis wann?


Jeder versteht, dass nicht alles sofort geht. Aber zeigen Sie, dass Sie am Thema sind. Zeigen Sie, dass auch Sie das Thema Nachhaltigkeit ernst nehmen. Erarbeiten Sie eine Strategie und einen Umsetzungsplan.



Fazit: Früher oder später trifft es uns alle


Können Sie sich noch an die Einführung von Katalysatoren bei PKWs mit Benzinmotor erinnern? Als die damalige Bundesregierung 1984 die Einführung eines Katalysators verkündete, hat die Autoindustrie sich gewehrt und gesträubt, das Ende des Industriestandortes Deutschland prophezeit und den Konkurs der Branche an die Wand gemalt. Dann wurden Katalysatoren 1989 Pflicht – und nichts ist passiert. Katalysatoren wurden eingebaut. Das war’s. Anfangs trugen PKWs Aufkleber über die ganze Breite der Heckscheibe „Schon mit Katalysatortechnik!“. Das ließ sich sogar vermarkten.


Bis auf wenige Ausnahmen bestreitet niemand mehr den von Menschen verursachten Klimawandel. Allen ist klar, die Industrienationen müssen nachhaltiger werden und etwas gegen die Erderwärmung tun.


Ob wir diese Auffassung teilen oder nicht, die Politik wird nicht nachhaltige Unternehmen abstrafen. Die Co²-Abgabe ist dabei nur ein Stichwort. Kunden, die selbst immer nachhaltiger denken, werden Anbieter, die nicht nachhaltig wirtschaften, immer seltener anfragen.


Deshalb setzen Sie sich zeitnah mit der Thematik auseinander. Warten Sie nicht, bis der Zug an ihnen vorbeigefahren ist – oder er sie überrollt. Überlegen Sie nicht, ob Sie ihr Unternehmen in Richtung „nachhaltige Druckerei“ verändern, sondern wie und wie schnell Sie das tun. Nur so sichern Sie die Zukunft ihres Unternehmens – und vielleicht die unserer Umwelt.

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