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Wer ist meine Zielgruppe?

Thomas Masselink • März 03, 2023

Und wer wählt eigentlich wen?

Foto einer Karawane im Schnee

Sobald wir uns in Unternehmen Gedanken über Produkte oder Vertrieb machen, fragt sehr schnell irgendjemand nach der Zielgruppe. „Was sagt denn die Zielgruppe dazu?“ oder: „Wer ist denn eigentlich die Zielgruppe?“ Und dann geht es los.


Wir suchen uns eine Zielgruppe

Wir suchen einen Kunden, eine Kundengruppe oder eine Persona, der wir das Produkt auf den Leib schneidern – der wir es andrehen können. Oder wir haben sowieso schon eine Zielgruppe, von der wir glauben, dass sie genau dieses Produkt braucht.


Das heißt in jedem Fall, mit Zielgruppe meinen wir die Gruppe, auf die wir zielen. Diese Gruppe erscheint uns lukrativ, die haben Geld, die brauchen mein Produkt. Kurz: Ich suche mir meine Zielgruppe. Ich suche sie nach meinen Kriterien aus.


Strategen gehen anders vor:

Die Zielgruppe im Sinne der EKS, der engpasskonzentrierten Strategie, meint nicht, die Kundengruppe, auf die ich ziele, weil ich sie am liebsten zu Kunden machen will, sondern die Gruppe, in der ich das größte Vertrauen und die größte Anerkennung genieße, als Spezialist ihre Probleme lösen zu können.

Nicht ich wähle meine Zielgruppe, sondern meine Zielgruppe wählt mich. Es geht nicht um meine Kriterien, sondern die Zielgruppe hat Kriterien, nach denen sie mich beurteilt. Erst wenn eine bestimmte Zielgruppe mir am besten zutraut, ihren Engpass zu lösen, habe ich den sogenannten Zielgruppenbesitz. Alles andere ist Wunschdenken, Absichtserklärung, Kundensuche.


Wie komme ich da hin, dass mich eine bestimmte Zielgruppe erwählt?

Suche ich mir nicht erst eine SOLL-Zielgruppe aus, in die ich mich einfuchse und sie dann irgendwann so gut umgarne, dass sie meine Zielgruppe ist? Muss ich mir nicht als erstes überlegen, für wen mein Produkt das richtige ist?


Produktdenke oder Nutzenargumentation?
Jede Beraterin und jeder Berater, den Sie ins Unternehmen holen, macht früher oder später mit Ihnen eine SWOT-Analyse – oder etwas, das nicht so heißt, aber das gleiche bringt.

Wir fangen tatsächlich erst einmal bei uns selbst an. Was können wir gut? Wo sind unsere Stärken und Schwächen?

Auch bei der professionellen Anwendung der EKS wird zunächst unsere IST-Situation festgestellt. Wir arbeiten die speziellen Stärken des eigenen Unternehmens als Kernkompetenzen heraus. Aus den eigenen Kernkompetenzen ergibt sich dann das erfolgversprechendste Geschäfts- und Aufgabenfeld. Daraus ergibt sich erst im dritten Schritt die erfolgversprechendste Zielgruppe.


Der Ansatz ist also nicht, wem kann ich etwas wie gut verkaufen, sondern was kann ich gut und wer hat davon den größten Nutzen.

Erst wenn ich das weiß, wird der eigentliche Engpass, nämlich das brennendste Problem der Zielgruppe eruiert. Das brennendste Problem verursacht beim Kunden den meisten Druck. Wer das Problem am besten und zuverlässigsten löst, bietet den höchsten Kundennutzen. Diese Problemlösung wird im fünften Schritt, der sogenannten Innovationsphase, erarbeitet, nämlich eine systematische Problemlösungsmethode, die den Anwender für die Zielgruppe unersetzbar macht.


Kooperationen sind wichtig.

Nicht jeder kann alles. Daher geht es auch um die Konzentration auf die eigene Kernkompetenz – sonst verzettelt man sich – und um die Schaffung von Kooperationen, für all die Aufgaben, die meine Zielgruppe braucht, die ich selbst aber aus eigener Kraft nicht leisten kann. Es geht schon lange nicht mehr darum, jede Leistung, jedes Produkt selbst zu fertigen. Es geht darum, die geforderte Lösung zu liefern, egal, wo ich sie selbst eingekauft habe.

 

Konstantes Grundbedürfnis

Wir Menschen sind getrieben durch unsere Bedürfnisse. Deshalb geht es letztendlich darum, das in unserer Zielgruppe vorherrschende konstante soziale Grundbedürfnis zu erkennen und zu decken. Variable Bedürfnisse (z.B. Bücher, Zeitschriften, eBooks) sichern das konstante Grundbedürfnis (z.B. das nach Information). Vielleicht ist das konstante Grundbedürfnis aber auch Sicherheit und Verlässlichkeit, das ich besser erfülle als mein Wettbewerb. Mit der Konzentration auf das konstante Grundbedürfnis geht die EKS über eine reine Verfahrens- oder Produktspezialisierung hinaus. So kann wirkliche Marktführerschaft erfolgreich angestrebt werden.


Ein langer Weg

Der Weg von der eigenen Stärkenbetrachtung über die Entwicklung von Kernkompetenzen zum Engpass-Löser meiner Zielgruppe bis hin zur Deckung des konstanten Grundbedürfnisses ist ein langer. Das arbeitet man nicht eben in zwei Workshop-Tagen heraus und ist fertig. Vielmehr ist es ein Prozess, in dem man auch seinen Betrieb, seine Produktion umbauen und vermutlich seinen Kundenstamm bereinigen muss. Aber die EKS führt - richtig angewandt - nachweislich zum Erfolg.

 

Wer ist also die Zielgruppe?

Auch wenn Sie den Weg selbst nicht gehen wollen, wenn Ihnen aber im nächsten Meeting wieder jemand etwas von der Zielgruppe erzählen will, dann fragen Sie ihn (und das sind wirklich meistens Männer) doch mal, welche Zielgruppe er denn meint und wo er die her hat. Und ob er weiß, was seine Zielgruppe über diese Sichtweise denkt.

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